Zu gefährlich für “normale” Untersuchungshaft
Im Kanton Zürich kann zusätzlich zur Untersuchungshaft durch die Verfahrensleitung angeordnet werden, dass sie in Einzelhaft zu vollziehen ist (§ 130 JVV/ZH). In einem aktuellen Fall war das für das Bundesgericht verhältnismässig (BGer 1B_291/2022 vom 08.07.2022).
Mit den angeordneten Haftmodalitäten wird verhindert, dass der Beschwerdeführer via Mithäftlinge versucht, Zeugen bzw. Auskunftspersonen zu beeinflussen, auf Beweismittel einzuwirken oder seine Flucht zu organisieren. Soweit der Beschwerdeführer sodann vorbringt, die Hinweise auf eine qualifizierte Gefährdung des Untersuchungszwecks seien zu wenig konkret, ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine komplexe Strafuntersuchung handelt, welche noch am Anfang steht. Höhere Anforderungen an den Nachweis von (grosser) Verdunkelungsgefahr sind im jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu stellen. Angesichts der potenziellen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers, welche sich aus der Art der ihm vorgeworfenen Taten ergibt, durfte die Vorinstanz ergänzend auch die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt als Argument für die Fortführung der angeordneten Haftmodalitäten berücksichtigen (E. 3.3.3).
Da fehlen mir die Worte.
“Da fehlen mir die Worte” – es ist auch keine Schande, einfach mal nichts zu sagen, wenn man den Fall schon nicht kennt und keine Ahnung davon hat, wofür der Mann in UH sitzt und welche Vorgeschichte er hat. Bravo, weiter so!
@pk: Die Kritik steht Ihnen nicht zu. Was ich nie verstehen werde: welche Befriedigung verschafft es Ihnen, hier – vermutlich auf Kosten Ihres Arbeitgebers – immer wieder den anonymen und dafür umso überheblicheren Besserwisser zu geben?
Ihnen fehlen die Worte wegen:
– § 130 JVV/ZH bzw. der damit verbundenen Macht der STA
– oder/und das Urteil des Bundesgerichts?
Für mich stellt sich die Frage, ob § 130 JVV/ZH für eine derart schwerwiegende Einschränkung tatsächlich genügt (ist ja schliesslich kein Gesetz…) und ist doch wohl eine sehr “schwerwiegende Einschränkung” i.S.v. Art. 36 BV (wurde dies noch nie hinterfragt??; gemäss Urteil wurde dies bloss “nicht bestritten”). Auch genügt meiner Ansicht nach die “gesetzliche Grundlage” nach § 31 StJVG/ZH nicht. Vielleicht kann sich Kollege Münch dazu äussern? Wäre noch interessant.
Die hohe Kollusions- und Fluchtgefahr ist aber dennoch klar zu bejahen (verschiedene Verurteilungen i.V.m. Auslieferungersuchen wegen schwerer Delikte wie Beteiligung an einer krimenllen Organisation, Geldwäscherei, Erpressung, Drohung, Freiheitsberaubung usw.). Meines Erachtens fehlt es eher an einer genügend bestimmten gesetzlichen Grundlage für einen derart schwerwiegenden Eingriff (mehrere Monate Einzelhaft zusätzlich zur Untersuchungshaft). Schliesslich kommt das BGer zum Schluss, wenn ich dies korrekt verstanden habe, dass es damit gemäss § 130 JVV/ZH gar keine zusätzlichen Anforderungen benötigt (bzw. die Verfahrensleitung kann dies in ihrem Ermessen anordnen…; wo ist denn bitte sehr der Unterschied zu “hoher” und “höchster” Kollusionsgefahr etc.). Grundsätzlich wurde dann ohnehin bloss Art. 235 Abs. 1 StPO geprüft? Genügt Art. 235 Abs. 1 StPO dann für die Anordnung von Einzelhaft für mehrere Monate? Muss ja nur “verhältnismässig” sein, was auch immer dies bedeutet.
Und auch noch interessant finde ich die Anmerkung: “Die vorübergehende Unterbringung eines Häftlings in Einzelhaft gegen dessen Willen stellt für sich allein keine im Sinne der genannten Bestimmungen verletzende Behandlung dar.” (E. 4) -> Quelle: Lehrmeinung von MATTHIAS HÄRRI -> na dann, das überzeugt ja wohl ohne weitere Kommentierung…