Zu gut für einen Pflichtverteidiger
Das Bundesgericht weist eine Laienbeschwerde als zum Vornherein aussichtslos ab (BGer 6B_373 /2010 vom 13.07.2010), in der sehr interessante Fragen vorgetragen wurden. Ich gehe hier nur auf zwei ein:
Zu gut für einen Anwalt für das Verfahren vor Bundesgericht?
Im Verfahren vor Bundesgericht bestellt dieses der Partei einen Anwalt, wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (Art. 64 Abs. 2 BGG). Wie sich aus seinen bisherigen Eingaben und der Beschwerde an das Bundesgericht ergibt, war der Beschwerdeführer durchaus selbst fähig, seine Anliegen sachgerecht zu vertreten und seine Auffassung zu begründen. Ein bundesgerichtlich bestellter Anwalt erweist sich daher nicht als notwendig (E. 7.2).
Oder doch nicht so gut?
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (E. 8).
Interessant ist auch die Erledigung der Rüge der Verletzung des Konfrontationsanspruchs:
Vorliegend erhob der Verteidiger des Beschwerdeführers weder im Rahmen des Beweisantragsrechts nach Abschluss der Untersuchung noch in der Stellungnahme zur Anklage oder im Plädoyer anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung einen Antrag auf Durchführung einer Konfrontationseinvernahme. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass ein entsprechender Antrag erstmals im Berufungsverfahren gestellt wurde. Damit ist dieser, wie sie zu Recht feststellt, verspätet (E. 3.4).
In BGer 1P.524/2004 vom 02.12.2004 entschied das Bundesgericht gerade anders herum:
Die Rüge ist begründet, das Obergericht hat Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK verletzt, indem es den in der Berufungsantwort gestellten Antrag des Beschwerdeführers, Fragen an die Geschädigte zu stellen, ablehnte (E. 3.3).
Ach ja, der Beschwerdeführer im letztzitierten Entscheid war vertreten.
Gemäss oben erwähntem BGE, Sachverhalt A., wurde der Beschwerdeführer zu 30 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Folglich ist seine Verteidigung durch einen Anwalt notwendig. Die notwendige Verteidigung wird vom Bundesgericht für bundesgerichtliche Verfahren aber nach wie vor nicht gewährt. Dies verletzt klar die übergeordnete EGMR-Praxis:
Droht dem Angeklagten eine schwere Strafe und muss er sich vor dem höchsten Berufungsgericht ohne Anwalt selber verteidigen, sind die Garantien von Artikel 6 EMRK verletzt:
Shulepov gegen Russland vom 26. Juni 2008, Ziffern 32, 36-39;
Maxwell gegen Grossbritannien vom 28. Oktober 1994, Ziffer 40.
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[…] Anmerkung KJ: Diesen Teil des Kommentars habe ich gelöscht.
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An der Interlakener Konferenz im Februar 2010 schwang die Justizministerin Widmer-Schlumpf noch grosse Reden:
“Il a été unanimement reconnu que les Etats parties sont tenus de respecter au niveau national les exigences découlant de la Convention.”
Offenbar nur leeres Geschwätz, um der Öffentlichkeit den funktionierenden Rechtsstaat vorzulügen.
Das Bundesgericht entlarvt sich selbst, indem es widersprüchlich argumentiert:
Einerseits bewiesen die Eingaben des Beschwerdeführers, dass er in der Lage sei, sich selber sachgerecht zu verteidigen (E.7.2), andererseits sei seine Beschwerde aber von vornherein aussichtslos gewesen (E.8).
Unangenehme Beschwerden sind wohl immer von vornherein aussichtslos oder was auch immer, mag sein, dass es nur mir so vorkommt, aber ich finde vieles was so läuft und das nicht nur beim Bundesgericht ist teilweise reine Willkür! Und teilweise massen sich Richter auch noch an die für sie passenden medizinische Diagnosen auszuwählen und andere für sie nicht passende als nicht relevant zu bezeichnen ohne ein entsprechendes Gutachten einzuholen, das obwohl vorher sogar noch festgestellt wurde, dass nur ein Gerichtsgutachten diese Fragen beantworten kann… Sorry, aber für mich ist Recht und Beweisführung etwas anderes als einfach irgendwas zu fabulieren damit man unangenehme Beschwerden auf einfachste Weise loswerden kann!
Herr Jeker
Ich stelle fest, dass Sie meinen Kommentar zensiert haben. Sie wollen also nicht veröffentlichen, dass und welche Bundesrichter die EMRK-Garantien absichtlich missachten und dass dies eine Straftat darstellt.
Aus diesem Grund werde ich ab sofort Ihren Blog meiden. Denn wenn die Justiz das Prinzip der Gewaltentrennung verletzt, ist es das Recht und die Aufgabe der Medien, ihre Rolle als Wächter der Demokratie wahrzunehmen, indem sie diese Missstände veröffentlichen.
Da sie aber Ihre Samthandschuhe nicht ausziehen wollen, leisten sie diesen kriminellen Zuständen Vorschub. Deshalb sind Sie – mit Verlaub – ein Arschlecker.
@Pro Bono: Ich bedaure Ihre Reaktion. Sie haben immer wieder interessante Hinweise geliefert, die hier fehlen werden. Auf Ihre Kraftausdrücke und Beleidigungen verzichte ich allerdings gern.