Zu langes Entlassungsverfahren in Bern
Für die Beurteilung eines Gesuchs um bedingte Entlassung aus einer stationären Massnahme, das im Rahmen der jährlichen Überprüfung nach Art. 62d StGB gestellt wurde, hat der Kanton Bern fast ein Jahr benötigt. Das ist dem Bundesgericht trotz bernischer Arbeitsüberlastung zu lang. Es stellt die Verletzung des Beschleunigungsgebots fest (BGer 6B_1376/2021 vom 26.01.2022). Aus dem Entscheid:
Es ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass (in Berücksichtigung der Arbeitslast der Vollzugsbehörden und Gerichte sowie der Vernehmlassungen) im Einzelnen keine “krassen Zeitlücken” (Urteile 6B_343/2020 vom 14. Dezember 2021 E. 7.4.1; 6B_652/2021 vom 14. September 2021 1.6; 6B_1147/2020 vom 26. April 2021 E. 2.3) gegeben sind. Die Verfahrensdauer von insgesamt 11 ½ Monaten ist indessen entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung angesichts des strikt zu interpretierenden Normgehalts von Art. 5 Ziff. 4 EMRK als zu lang zu qualifizieren. Da die Verletzung des Beschleunigungsgebots sich in der Konsequenz nur leicht auf den Beschwerdeführer auswirken konnte, ist ihm darin zu folgen, dass ihm mit der Feststellung im Urteilsdispositiv “eine hinreichende Genugtuung sowie vollkommene Wiedergutmachung für die erlittene Rechtsverletzung verschafft” werden kann (Beschwerde Ziff. 1.20). Die Verletzung des Beschleunigungsgebots ist im bundesgerichtlichen Dispositiv festzustellen (BGE 147 I 259 E. 1.3.3) [E. 2.3.6, Hervorhebungen durch mich].
So sind nun alle glücklich und zufrieden. Vermutlich wird man bei nächster Gelegenheit die jährliche Überprüfung aus dem Gesetz streichen, denn sie führt regelmässig dazu, sich die Verfahren überschneiden und deshalb parallel laufen.