Zulässige Absprachen zwischen ZMG und Staatsanwaltschaft?
Das Bundesgericht erweitert seine Rechtsprechung zur strafprozessualen Haft erneut. Es erkennt der Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht gegen ZMG-Entscheide auch dann zu, wenn sie an der entsprechenden Haftverhandlung nicht teilgenommen hat (BGE 1B_254/2012 vom 24-05.2012; Publikation in der AS vorgesehen). Vom negativen Entscheid erfuhr die Staatsanwaltschaft telefonisch. Der Beschwerdeführer machte vor Bundesgericht erfolglos geltend, die Vorinstanz hätte auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den ZMG-Entscheid nicht eintreten dürfen.
Das Bundesgericht hält zunächst fest, dass keine Rügebeschränkung nach Art. 98 BGG greift, weil es sich bei Zwangsmassnahmen nicht um vorsorgliche Massnahmen handle (s. dazu auch etwa meinen letzten Beitrag):
Mit dem Entscheid über strafprozessuale Zwangsmassnahmen wird über die Grundrechtsbeschränkung definitiv entschieden. Somit stellen diese Zwangsmassnahmen keine vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG dar. Die nach dieser Bestimmung vorgeschriebene Beschränkung der Rügegründe ist demnach nicht anwendbar (vgl. Urteil 1B_277/2011 vom 28. Juni 2011 E. 1.2 mit Hinweisen) [E. 2].
In der telefonischen Mitteilung des ZMG-Urteils sieht das Bundesgericht kein Problem, denn die Behörden dürfen sich ja “in solchen Fällen untereinander absprechen”:
Das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau teilt der Staatsanwaltschaft einen negativen Entscheid, nämlich die Nichtanordnung der beantragten Untersuchungshaft, praxisgemäss vorab telefonisch mit, wenn die Staatsanwaltschaft wie vorliegend nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilnimmt (vgl. Art. 225 Abs. 1 StPO). Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass die StPO eine telefonische Eröffnung des (negativen) Haftanordnungsentscheids nicht ausdrücklich vorsieht. Die nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilnehmende Staatsanwaltschaft hat denn auch keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihr ein solcher Entscheid vorab telefonisch mitgeteilt wird. Dies schliesst allerdings nicht aus, dass sich die beteiligten Behörden hinsichtlich des Vorgehens in solchen Fällen untereinander absprechen. Sofern der Entscheid der nicht persönlich an der Verhandlung vertretenen Staatsanwaltschaft wie von Art. 226 Abs. 2 StPO vorgeschrieben (zusätzlich) unverzüglich schriftlich eröffnet wird, steht einer vorgängigen telefonischen Mitteilung nichts entgegen. Dieses Vorgehen ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, ihre Beschwerde sofort anzukünden, selbst wenn sie nicht persönlich an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht vertreten ist. Die vorläufige Fortdauer der Untersuchungshaft ist in einem solchen Fall mit Art. 226 Abs. 5 StPO vereinbar, sofern die Abwesenheit der Staatsanwaltschaft an der Verhandlung nicht zu Verzögerungen führt. Insbesondere muss die Staatsanwaltschaft auch bei einem solchen Vorgehen spätestens drei Stunden nach der (mündlichen) Eröffnung des Entscheids gegenüber der beschuldigten Person beim Zwangsmassnahmengericht eine (wenigstens kurz) begründete Beschwerdeschrift einreichen und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragen (vgl. E. 3.2 hiervor) [E. 3.3].
Durch die telefonische Mitteilung war es der Staatsanwaltschaft möglich, innert den bundesgerichtlichen drei Stunden (s. dazu BGE 1B_442/2011 vom 04.01.2012) beim Obergericht eine Beschwerde einzureichen.
Mit seinen Rügen gegen die Haftgründe drang der Beschwerdeführer ebenfalls nicht durch.