Zum Aufschub des Strafvollzugs zugunsten einer ambulanten Massnahme

Ein junger Mann wurde wegen schwerer Strassenverkehrsdelikte zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. schob deren Vollzug aber gestützt auf ein Gutachten zugunsten einer ambulanten Massnahme auf. Das Bundesgericht kassiert den Entscheid (BGer 6B_425/2012 vom 19.11.2012) unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung (s. dazu BGE 129 IV 161 E. 4.1 und E. 4.3 sowie  BGE 123 IV 100 E. 3b; 100 IV 12 E. 2). Es erinnert an den Grundsatz, dass die Strafe vollzogen und die ambulante Massnahme gleichzeitig durchzuführen ist. Ein Aufschub kommt nur in Frage, wenn

  • der Täter ungefährlich ist und wenn
  • die ambulante Therapie vordringlich ist (vgl. dazu E. 1.2 mit weiteren Hinweisen)

Das war im vorliegenden Fall nicht zutreffend. Das Gutachten interpretiert das Bundesgericht wie folgt:

Die “primäre” Empfehlung der Gutachter, den Vollzug der Strafe zu Gunsten der Massnahme aufzuschieben, erfolgt ausschliesslich im Hinblick auf die allgemeinen Nachteile, die der Strafvollzug für den sozial und beruflich integrierten Beschwerdegegner mit sich bringt. Hinweise darauf, dass der Erfolg der Therapie durch einen Freiheitsentzug erheblich beeinträchtigt würde, lassen sich den Ausführungen der Gutachter nicht entnehmen. Im Gegenteil halten diese die ambulante Behandlung auch während des Strafvollzugs ohne Weiteres für durchführbar. Zudem hat der in seiner Schuldfähigkeit nur leicht eingeschränkte Beschwerdegegner massiv gegen fundamentalste Verkehrsregeln verstossen und die Verkehrssicherheit gefährdet. Sein deliktisches Verhalten wiegt angesichts des sehr hohen abstrakten Gefährdungspotenzials für andere schwer. Je gravierender die Straftaten und je leichter die Verminderung der Schuldfähigkeit, desto weniger drängt sich ein Strafaufschub aber auf (BGE 129 IV 161 E. 4.1 und 4.2 S. 162 ff.). Vor diesem Hintergrund lässt sich der vorliegend gewährte Strafaufschub nicht (mehr) mit Art. 63 Abs. 2 StGB vereinbaren. Indem die Vorinstanz ihn dennoch anordnete, verletzt sie Bundesrecht (E. 1.5).