Zum Schicksal nicht verwertbarer Beweismittel

Die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts VD hat entschieden, dass unverwertbare Beweismittel (private Videoaufnahmen im Strassenverkehr sowie Folgebeweise) aus den Akten zu entfernen und separat zu verschliessen seien (Art. 141 Abs. 5 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat diesen Entscheid angefochten. Das Bundesgericht tritt mangels nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht ein (BGer 1B_444/2020 vom 17.09.2020). Ich zitiere den Fall, weil mich folgende Teilbegründung des Bundesgerichts aufhorchen lässt:

L’arrêt attaqué n’ordonne au demeurant pas la destruction immédiate des pièces litigieuses, mais uniquement leur retrait du dossier pénal et leur conservation à part jusqu’à la clôture définitive de la procédure pénale en vue de leur destruction. Le Ministère public pourra donc soumettre ces pièces à un nouvel examen de leur recevabilité par l’autorité de jugement en cas de mise en accusation et requérir leur réintégration au dossier pénal (art. 339 al. 2 let. d CPP; cf. arrêt 1B_476/2017 du 4 avril 2018 consid. 1.3) [E. 2.3]. 

Nach Art. 141 Abs. 5 StPO werden “Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise […] aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss gehalten und danach vernichtet.” Das Bundesgericht ist offenbar der Ansicht, dass die Entfernung aus den Akten auch vor dem rechtskräftigen Abschluss nochmals thematisiert werden kann. Sein Verweis auf einen früheren Entscheid ist zwar nicht einschlägig, enthält aber seinerseits Verweise auf die entsprechenden Präjudizien, welche Art. 141 Abs. 5 StPO analog zur Anwendung bringen: BGer 1B_21/2017 vom 24.01.2017 E. 2 und BGer 1B_11/2015 vom 13.05.2015 E. 1.2.3. Die Rechtsprechung verweist u.a. auf Beweismittel, die auf Antrag oder im Einverständnis der beschuldigten Person wieder zugänglich gemacht werden könnten. Sie beschränkt sich aber soweit ersichtlich auf Entscheide in französischer Sprache. Man bekommt bisweilen den Eindruck, es gäbe zwei erste öffentlich-rechtliche Abteilungen, die sich um die Rechtsprechung der jeweils anderen nicht interessierten.