Zum Teilnahmerecht an Einvernahmen

Das Teilnahmerecht bei Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen ist immer noch eine der umstrittensten Fragen der StPO. Das Bundesgericht hat sich zur Frage noch nicht geäussert. Für die kantonale Rechtsprechung kann ich auf einen früheren Beitrag verweisen.

Neu hat sich auch das Obergericht des Kantons Bern geäussert (BK-12/35 vom 13.04.2012). Es stellt sich wohl grundsätzlich an die Seite der Basler Praxis, differenziert diese aber laut Regeste wie folgt:

Eine Einschränkung des Teilnahmerechts gemäss Art. 147 StPO ist – abgesehen von Art. 108 StPO – ausnahmsweise und in engen Grenzen in Anlehnung an die Überlegungen zu Art. 101 Abs. 1 StPO (Einschränkung des Akteneinsichtsrechts) möglich, nämlich dann, wenn die in der Regel teilnahmeberechtigte Person mit den – dem Mitbeschuldigten anlässlich der fraglichen Einvernahme – vorzuhaltenden Sachverhalten selber noch nicht konfrontiert worden ist. Wurde sie dies bzw. wurde sie zu den zu untersuchenden Sachverhalten einvernommen, kann ihr die Teilnahme an der Einvernahme eines Mitbeschuldigten nicht verweigert werden. Analog zu Art. 101 Abs. 1 StPO spielt es dabei keine Rolle, ob die grundsätzlich teilnahmeberechtigte Person die Aussagen verweigert hat oder ob deren Einvernahme aus Sicht der Staatsanwaltschaft ergiebig verlaufen ist.

Der Entscheid wurde an das Bundesgericht weitergezogen, auf dessen Urteil wir gespannt warten.