Zunahme der Telefonüberwachung
Nachdem die Anzahl der aktiven Telefonüberwachungen in der Schweiz in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen war, nahmen sie laut SonntagsZeitung (kostenpflichtiger Zugang) im Jahr 2007 wieder zu. Die aktuellen Zahlen, welche neu das EJPD publiziert, sind noch nicht verfügbar. Das ist insofern nicht tragisch, als sie ohnehin nicht aussagekräftig sind. Hier die alten Zahlen ergänzt durch den Beitrag der SonntagsZeitung (grau):
Jahr |
Direktschaltungen |
Rückwirkende Teilnehmeridentifikationen |
Total |
2007 |
2043 |
6843 |
8877 |
2006 |
1965 |
4279 |
6244 |
2005 |
2111 |
4813 |
6924 |
2004 |
2369 |
5187 |
7556 |
2003 |
2928 |
3815 |
6743 |
2002 |
2881 |
3565 |
6446 |
2001 |
2996 |
1899 |
4895 |
2000 |
2430 |
1538 |
3968 |
1999 |
2046 |
1630 |
3676 |
1998 |
2138 |
1951 |
4089 |
Andere Länder, ähnliche Probleme …
http://spitzelblog.blogspot.com/2008/03/verbindungsdatenschnffelei-ufert-aus.html
Naja, “Zunahme” finde ich hier etwas Irreführend. Massgeblich zugenommen haben ja nur die rückwirkenden Teilnehmeridentifikationen, aber die sind ja eigentlich nicht mehr als glorifizierte Editionsverfügungen. Als post-faktum-Massnahmen haben sie etwa so viel mit Überwachung zu tun wie eine Bankenedition mit verdeckter Ermittlung, nur dass die rückwirkende Teilnehmeridentifikation eben im BüPF geregelt ist und darum zufällig in der gleichen Statistik erscheint wie Direktschaltungen. Natürlich kann man sich auch an der rückwirkenden Teilnehmeridentifikation stören, meines Erachtens ist sie aber im Katalog der strafprozessualen Zwangsmassnahmen eher eine der trivialeren und absehbaren Massnahmen, vergleichbar wohl eben mit einer Bankenedition (wenn überhaupt. Für mein persönliches Empfinden geht letztere weiter).
Die Zunahme ist im Übrigen auch plausibel zu Begründen: Vermutlich werden die Telekom-Gesellschaften angefangen haben, dem Gesetz nachzuleben und die Verbindungsdaten (offiziell) tatsächlich nur sechs Monate aufbewahren. Der Staatsanwalt wird daher zu beginn jeder Strafuntersuchung gedrängt sein, vorsichtshalber quasi auf Vorrat erstmal die BüPF-Schiene ‘abzuklappern’, ehe die Daten nicht mehr erhältlich sind. (So kann eben scheinbar mehr qualitativer Schutz der Privatsphäre zu zahlenmässig häufigeren Eingriffen führen und damit insgesamt wohl zu einem geringeren Schutz. Aber das hat unser umsichtiger Gesetzgeber bei der Ausgestaltung sicher bedacht…)
Immerhin waren aber die eigentlichen Überwachungen offenbar 2007 auf dem zweit-tiefsten Niveau seit fast 10 Jahren. Unter dem ‘Civil Rights’-Aspekt an sich erfreulich.
Einverstanden, daz. Zu meiner Ehrenrettung darf ich feststellen, dass gegenüber 2006 auch die Direktschaltungen zugenommen haben. Das statistische Material ist aber zu dünn, um eine etwas vertiefetere Analyse zu ermöglichen.
Rückwirkenden Teilnehmeridentifikationen sind klar und eindeutig das Ergebnis von Überwachungsmassnahmen. Gerade als Strafrechtler sollten wir (?) hier gar nichts glorifizieren. Wie können wir noch mit unseren Mandanten arbeiten, wenn unsere Kommunikation von A bis Z überwacht wird?
Und wir reden hier nur von polizeilicher Überwachung. Wir blenden die geheimdienstliche Überwachung, die völlig unkontrolliert erfolgt, schlicht und einfach aus.