Zur Begründungspflicht der Siegelungserklärung
Erneut bestätigt das Bundesgericht, dass die Siegelung in dem Sinn begründet werden muss, dass der Siegelungsgrund – unter Vorbehalt einer Rechtsbelehrung, wenn die berechtigte Person juristischer Laie sei – zumindest sinngemäss angerufen werden muss (BGer 1B_273/2021 vom 02.03.2022; der Entscheid erging in einem Verfahren wegen Nötigung, Drohung und Beschimpfung zum Nachteil eines Mitglieds des Bundesrates.
Das Bundesgericht stellt die Lehre dazu ausführlich dar:
Nach der bundesgerichtlichen Praxis trifft den Inhaber von sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenständen, der ein Siegelungsbegehren gestellt hat, im anschliessenden Entsiegelungsverfahren die prozessuale Obliegenheit, allfällige Geheimhaltungsinteressen bzw. Entsiegelungshindernisse im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO (i.V.m. Art. 197 und Art. 264 StPO) ausreichend zu substanziieren. Kommt die betroffene Person ihrer Substanziierungsobliegenheit im Entsiegelungsverfahren nicht nach, ist das Zwangsmassnahmengericht nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Beschlagnahmehindernissen zu forschen (vgl. BGE 142 IV 207 E. 7.1; 141 IV 77 E. 4.3 und E. 5.6; Urteile 1B_522/2019 vom 4. Februar 2020 E. 2.1; 1B_382/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 3.1; je mit Hinweisen). Weder das Gesetz noch die bundesgerichtliche Praxis verlangen demgegenüber, dass die von einer Hausdurchsuchung und provisorischen Beschlagnahme betroffene Person bereits bei der Sicherstellung (bzw. vor einem allfälligen Entsiegelungsantrag der Staatsanwaltschaft) ihr Siegelungsbegehren detailliert zu begründen hätte (Urteile 1B_522/ 2019 vom 4. Februar 2020 E. 2.1; 1B_382/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 3.1). Eine übertriebene prozessuale Schärfe bei der Handhabung formeller Anforderungen für die Siegelung (etwa betreffend rechtzeitige Erhebung oder “Begründung” von Siegelungsbegehren) würde den im Gesetz vorgesehenen effizienten Rechtsschutz von Betroffenen gegenüber strafprozessualen Zwangsmassnahmen aushöhlen (Urteile 1B_219/2017 vom 23. August 2017 E. 3.3; 1B_382/ 2017 vom 22. Dezember 2017 E. 3.3; vgl. auch BGE 140 IV 28 E. 3.4, E. 4.3.4, E. 4.3.6; je mit Hinweisen). Damit demnach eine Siegelung durch die Strafverfolgungsbehörde erfolgt, muss die betroffene Person Siegelungsgründe zwar noch nicht im Detail begründen, aber immerhin einen spezifischen Siegelungsgrund sinngemäss anrufen (vgl. Urteile 1B_522/2019 vom 4. Februar 2020 E. 2.1; 1B_219/2017 vom 23. August 2017 E. 3.1; 1B_309/2012 vom 6. November 2012 E. 5.3 ff.; vgl. auch BGE 140 IV 28 E. 4.3.5). Der Siegelungsgrund muss nur glaubhaft gemacht werden (Urteil 1B_522/2019 vom 4. Februar 2020 E. 2.1; vgl.: ANDREAS J. KELLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], 3. Aufl. 2020, N. 9 zu Art. 248 StPO; MONIKA SIMMLER, Die Dauer von Entsiegelungsverfahren: eine Analyse mit Blick auf die aktuelle StPO-Revision, in: AJP 3/2020 S. 334 ff., S. 336; CATHERINE HOHL-CHIRAZI, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, Jeanneret/Kuhn/Perrier Depeursinge [Hrsg.], 2. Aufl. 2019, N. 1d zu Art. 248 StPO; ANNE VALÉRIE JULEN BERTHOD, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, Jeanneret/Kuhn/Perrier Depeursinge [Hrsg.], 2. Aufl. 2019, N. 18 ad Art. 264 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, 3. Aufl. 2018, N. 4 zu Art. 248 StPO; DAMIAN GRAF, Aspekte der strafpozessualen Siegelung, AJP 4/2017, S. 553 f., S. 561, der festhält, dass es nicht ausreiche, wenn der Inhaber ohne Angabe von Gründen die Siegelung verlangt oder die Unzulässigkeit der Durchsuchung behauptet; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, Petit commentaire, code de procédure pénale, 2. Aufl. 2016, N. 7 zu Art. 248 StPO; JULEN BERTHOD/MÉGEVAND, La procédure de mise sous scellés, Un garde-fou discret contre les indiscrétions, in: ZStrR/2016 S. 218-245, ad III/2/b S. 225 f.; THORMANN/BRECHBÜHL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 248 StPO; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse, 2012, N. 567; a.M. MÜLLER/GÄUMANN, Siegelung nach Schweizerischer StPO, Anwaltsrevue 6-7/2012, S. 290, wonach die Siegelungsgründe lediglich behauptet werden müssen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann die Angabe eines Siegelungsgrundes nach Art. 248 Abs. 1 StPO zur Glaubhaftmachung ausreichen. Da die Strafverfolgungsbehörden ein offensichtlich unbegründetes oder missbräuchliches Siegelungsgesuch ablehnen können, namentlich wenn die gesuchstellende Person offensichtlich nicht legitimiert ist oder das Gesuch offensichtlich verspätet gestellt wird, kann eine kurze Begründung zur Glaubhaftmachung je nach den Umständen des Einzelfalles jedoch geboten sein (Urteile 1B_522/2019 vom 4. Februar 2020 E. 2.1; 1B_24/2019 vom 27. Februar 2019 E. 2.1 mit Hinweisen) [E. 3.3].
Und hier noch die Folgen unzureichender Belehrungen an jur. Laien:
Versäumt es die Strafverfolgungsbehörde allerdings, juristische Laien über ihr Siegelungsrecht ausreichend zu informieren, darf eine Siegelung nicht mit der Begründung verweigert werden, die betroffene Person habe bei der Sicherstellung noch keine Geheimnisschutzrechte als Beschlagnahmehindernis ausdrücklich angerufen (Urteile 1B_219/ 2017 vom 23. August 2017 E. 3.1; 1B_382/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 3.1; 1B_309/2012 vom 6. November 2012 E. 5.3 ff.; vgl. auch DAMIAN GRAF, a.a.O., S. 561, wonach die Strafbehörden berechtigte Personen zu allfälligen Beschlagnahmeverboten befragen müssen, wenn die Siegelung ohne Angabe von Gründen verlangt werde) [E. 3.3].
Das Bundesgericht weist die Beschwerde mit der Begründung ab, der “Siegelungsantrag”, den es im Gesetz übrigens nicht gibt, sei nicht rechtsgültig gestellt worden:
3.4. Der Beschwerdeführer verkennt mit seiner Behauptung, das Siegelungsgesuch sei an keine Formvorschriften gebunden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts Siegelungsgründe, ungeachtet der Form des Siegelungsantrags, immerhin glaubhaft gemacht werden müssen. Zur Glaubhaftmachung hätte er mindestens einen Siegelungsgrund anrufen müssen. Er bestreitet nicht, dass er mit Schreiben vom 16. und 28. Dezember 2020 die Siegelung beantragt hat, ohne Siegelungsgründe geltend zu machen. Das Siegelungsgesuch vom 16. Dezember 2020 wurde sodann durch seinen Rechtsbeistand gestellt, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer spätestens zu diesem Zeitpunkt ausreichend über seine Siegelungsrechte informiert war. Unter diesen Umständen ist die Feststellung der Vorinstanz, der Siegelungsantrag sei nicht rechtsgültig gestellt worden, nicht zu beanstanden.
4. Die Vorinstanz ging im angefochtenen Entscheid auch davon aus, dass der Beschwerdeführer auf die Siegelung verzichtet habe und der Siegelungsantrag vom 16. Dezember 2020 ohnehin als verspätet zu erachten wäre (…). Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei nicht genügend über die Siegelung aufgeklärt worden und habe deshalb nicht auf diese verzichten können. Der Siegelungsantrag sei rechtzeitig gestellt worden. Aufgrund der vorangegangenen Erwägungen kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer rechtsgültig auf die Siegelung verzichtet hat und ob der Siegelungsantrag vier Kalendertage nach der Sicherstellung der Mobiltelefone verspätet war.
Die Beschwerde war wenigstens trotz der klaren Worte doch nicht aussichtslos. Der Anwalt des Beschwerdeführers wird vom Bundesgericht entschädigt.
Das ist wiedermal exemplarisch wie Strafverfolgung in der Schweiz funktioniert, Waffengleichheit ? Faires Verfahren ? Der Sta kann Behaupten er habe den dringenden Verdacht (ohne irgendein Indiz) nur weil eine Person zur falschen Zeit am falschen Ort angetroffen wurde, das Sie an Strafbaren Handlungen beteiligt gewesen wäre. Wären dem der Beschuldigte dann an formalen Hürden scheitert….unglaublich, die Staatsanwälte können Hausdurchsuchungen machen und dann passiert wieder Jahre nichts und wenn einer mal ein paar Tage zu spät nach einem Schock ein Antrag stellt ist er verspätet….
@ John
In meinem Land Litauen gibt es den Richtervorbehalt bei der Einsichtnahme in digitale Geräte bei Privatpersonen die keine Berufsgeheimnisträger sind. Alle Geräte werden bei der Sicherstellung durch die Polizei grundsätzlich von der Polizei gesiegelt und in einem speziellen Gerichtsverfahren werden beide Parteien (Staatsanwalt und Anwalt des Beschuldigten) vor den Untersuchungsrichter geladen wo man sich zu jeder Position äussern muss. Das hat den Nachteil das zwischen Sicherstellung und Untersuchungsrichtertermin der über die Entsiegelung entscheidet es im Vergleich zur Schweiz viel länger dauert. In der Regel 12 bis 18 Monate bis man bis zu einem Entsiegelungstermin kommt. Nach meiner Erfahrung wird aber in der Regel dem Staatsanwalt das Recht eingeräumt in sämtliche IT zu blicken. Am Ende hat man etwa 5 bis 10 Jahre nicht seine IT denn bis die Forensiker durchgehen sind auch schon mindestens 1 Amerikanischer Präsident vergangen. Sie sind in der Schweiz hier deutlich besser aufgehoben.
Und wieder einmal haben Sie, lieber Herr John, einen Entscheid des Bundesgerichts nicht richtig gelesen. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal einen Siegelungsgrund angerufen oder glaubhaft gemacht! Oder glauben Sie, Herr John, etwa im Ernst, die Bundesrichter in Lausanne durchsuchen das sichergestellte Handy und forschen von Amtes wegen nach zu siegelnden Daten, weil diese eventuell für den Beschwerdeführer mit einem Siegelungsgrund behaftet sein könnten?