Zur Bemessung der Genugtuung nach OHG

In einem Strafverfahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung wurde dem Opfer eine Genugtuung von CHF 12,000.00 zugesprochen. Das Bundesgericht hat die Höhe der Genugtuung entsprechend seiner Praxis bestätigt (BGer 6B_289/2008 vom 17.07.2008). An folgenden Erwägungen bin ich angeeckt:

[B]ei versuchten schweren Körperverletzungen oder versuchten Tötungen ohne lebensgefährliche Verletzungen oder bleibende körperliche Beeinträchtigungen sollten sich die Regelgenugtuungen in der Höhe von Fr. 20’000.– bis Fr. 40’000.– bewegen (…). Die in der Praxis gestützt auf Art. 12 Abs. 2 OHG in solchen Fallkonstellationen ausgerichteten Genugtuungssummen liegen allerdings deutlich tiefer und bewegen sich im vier- bzw. im tiefen fünfstelligen Frankenbereich (…). Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei der Bemessung einer Genugtuung nach Opferhilferecht im Unterschied zum Zivilrecht die Besonderheit besteht, dass es sich um eine staatliche Hilfeleistung handelt. Der Umstand, dass eine Genugtuung nach OHG von der Allgemeinheit bezahlt wird, kann eine Reduktion gegenüber der zivilrechtlichen Genugtuung rechtfertigen, wenn diese aufgrund von subjektiven, täterbezogenen Merkmalen (z.B. besonders skrupellose Art der Begehung der Straftat) erhöht worden ist (BGE 132 II 117 E. 2.2.4) (E. 10.4, Hervorhebungen durch mich).

Die Erhöhung der zivilrechtlichen Genugtuung aufgrund täterbezogener Merkmale rechtfertigt eine Reduktion der Genugtuung nach OHG, welche dann im Ergebnis tiefer als die zivilrechtliche ist, weil die Allgemeinheit sie bezahlen muss? Diese Praxis verstehe ich nicht. Im zitierten BGE 132 II 117 steht zu lesen, dass die Bemessung der Genugtuung in sinngemässer Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze zu erfolgen habe. Darin hat nach meinem Verständnis das Argument, dass die Genugtuung nach OHG von der Allgemeinheit bezahlt wird, keinen Platz. An aufklärenden Gedanken dazu bin ich sehr interessiert.