Zur BGG-Beschwerdelegitimation des Opfers
Nch einem Freispruch im Berufungsverfahren ist das Opfer auch dann zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt, wenn es im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt hat und zur Verhandlung nicht erschienen ist.
Das ist einem neuen Grundsatzentscheid des Bundesgerichts zu entnehmen (BGE 6B_888/2017 vom 25.10.2017, Publikation in der AS vorgesehen).
Der Verzicht der berufungsbeklagten Privatklägerschaft auf die freigestellte Anwesenheit an der mündlichen Berufungsverhandlung oder das Stellen von Anträgen ist folglich nicht als Gleichgültigkeit am Ausgang des Berufungsverfahrens, sondern in dem Sinne zu verstehen, dass diese an ihren erstinstanzlichen Anträgen festhält und – in einem Fall der vorliegenden Art – implizit die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils beantragt. Wer im Berufungsverfahren mit seinen erstinstanzlichen Anträgen unterlag, erfüllt die Legitimationsvoraussetzung von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG (E. 1.2.3).
Das wird in derselben Erwägung wie folgt begründet:
Ihr Verzicht auf Anträge im Berufungsverfahren stellt nach der Rechtsprechung keine stillschweigende Anerkennung der Berufungsanträge dar, sondern die erstinstanzlich frist- und formgerecht gestellten Anträge bleiben beachtlich (zum Ganzen Urteil 6B_364/2016 vom 17. Juni 2016 E. 2.2). Als Zivilklägerin war die Beschwerdeführerin zwingend Partei im Berufungsverfahren, in welchem über ihre Zivilforderung befunden wurde. Sie hat im Berufungsverfahren – trotz des formellen Verzichts auf Anträge – auch als unterliegend zu gelten, da die Vorinstanz den Beschwerdegegner 1 mangels Beweis freisprach und die Zivilforderungen infolgedessen abwies (…). In der Lehre wird die Auffassung vertreten, die Privatklägerschaft könne als Rechtsmittelgegnerin im kantonalen Rechtsmittelverfahren – wie im Verfahren vor Bundesgericht (…) – nur unterliegen, wenn sie in ihrer Stellungnahme zum Rechtsmittel Anträge gestellt habe (…). Dies mag für das Beschwerdeverfahren nach Art. 393 ff. StPO zutreffen. Anders verhält es sich jedoch bei der Berufung (Art. 398 ff. StPO), da die erstinstanzlichen Anträge der Privatklägerschaft – trotz Verzichts auf Anträge im Berufungsverfahren – weiterhin beachtlich sind (…). Im Berufungsverfahren nicht als unterliegend gilt nach der Rechtsprechung hingegen, wer sich als geschädigte Person mittels Strafantrag im Strafverfahren zwar als Privatkläger konstituiert hat (vgl. Art. 118 Abs. 1 und 2 StPO; BGE 141 IV 380 E. 2.3.5), sich in der Folge am Verfahren jedoch nicht mehr beteiligt und namentlich bereits im erstinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt hat (vgl. BGE 138 IV 248 E. 4.3 und 5.3).
Alles klar?