Zur Ersatzforderungsbeschlagnahme bei Dritten
Der nicht beschuldigte Lebenspartner einer mutmasslichen Betrügerin hat sich zunächst erfolgreich gegen die Beschlagnahme seiner Konten gewehrt. Das Kantonsgericht BL hat die entsprechende Beschwerde gutgeheissen.
Das Bundesgericht dreht die Sache nun aber wieder zugunsten der Staatsanwaltschaft und kassiert den Entscheid des Kantonsgerichts, dessen Entscheid gegen Art. 71 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. Art. 70 Abs. 2 StGB verstosse (BGer 1B_463/2016 vom 10.04.2017).
Gegenüber dem Eigentum von (unbeteiligten) Dritten sind Ersatzforderungsbeschlagnahmen nach der bundesgerichtlichen Praxis in der Regel unzulässig. Angezeigt sind sie indessen (abgesehen von dem in Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 71 Abs. 1 StGB geregelten Fall), wenn es sich beim “Dritten” um wirtschaftlich dieselbe Person handelt und demgemäss die Voraussetzungen für einen strafprozessualen Durchgriff vorliegen. Dasselbe gilt hinsichtlich von Vermögenswerten, die wirtschaftlich betrachtet im Eigentum der beschuldigten Person stehen, weil sie etwa nur durch ein Scheingeschäft an eine “Strohperson” übertragen worden sind (BGE 140 IV 57 E. 4.1.2 S. 64; Urteile 1B_300/2013 vom 14. April 2014 E. 5.3.2; 1B_163/2013 vom 4. November 2013 E. 4.1.5). Für nicht beschuldigte Dritte, welche Deliktsgut erworben haben bzw. davon begünstigt wurden (“tiers favorisés”), gelten die oben genannten Bestimmungen von Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 71 Abs. 1 und Abs. 3 StGB (vgl. BGE 140 IV 57 E. 4.1.2 S. 62-64) [E. 4.6].
Abgesehen davon, dass ich mir nicht erklären kann, wie ein Verfahrensentscheid, der eine Beschlagnahme aufhebt, gegen materielles Einziehungsrecht verstossen kann, irritiert mich hier auch, dass Kontensperren noch immer als Eingriff in die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) qualifiziert werden. Schützt die Eigentumsgarantie tatsächlich auch obligatorische Ansprüche gegenüber einer Bank?
Soll es denn einen Unterschied machen, ob ich mein Geld unter der Matratze aufbewahre? Insbesondere Laien dürfte der Unterschied zwischen dinglich und obligatorisch ja eh nicht völlig klar sein – und gewiss ist das auch bei einigen Juristen so.