Zur Kostenauflage im Haftprüfungsverfahren
Nach erstinstanzlicher Verurteilung stellte ein Beschuldigter ein Haftentlassungsgesuch, das vom Berufungsgericht (Verfahrensleitung) kostenfällig abgewiesen wurde. Gegen die Kostenauflage wehrte sich der Beschuldigte mit Erfolg vor Bundesgericht, welches mit seinem nicht zur Publikation bestimmten Entscheid (BGer 1B_179/2014 vom 05.06.2014) die Praxis etlicher Kantone auf den Kopf stellt:
Das Haftprüfungsverfahren nach Art. 233 StPO stellt ein selbstständiges erstinstanzliches Zwangsmassnahmenverfahren dar (vgl. dazu oben, E. 1-2). Der Haftprüfungsentscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab. Die Bestimmungen von Art. 423 Abs. 1 i.V.m. Art. 426 bzw. Art. 428 StPO gelten auch für das Haftprüfungsverfahren (Art. 416 i.V.m. Art. 421 Abs. 2 lit. a StPO). Art. 428 StPO, welcher die Kostentragung im StPO-Rechtsmittelverfahren regelt, ist auf erstinstanzliche Entscheide nicht anwendbar (BGE 138 IV 225 E. 8.2 S. 231 mit Hinweis). Damit besteht in der vorliegenden Konstellation keine gesetzliche Grundlage (im Sinne von Art. 423 Abs. 1 StPO) für die Auferlegung der Verfahrenskosten an den Beschwerdeführer als beschuldigte Person. Eine Auferlegung von solchen Kosten an ihn kommt erst nach Abschluss des Strafverfahrens (nach Massgabe von Art. 426 StPO) in Frage. Bis dahin hat gemäss Art. 423 Abs. 1 StPO der Kanton die angefallenen Verfahrenskosten (vorläufig) zu tragen. Nach dem Gesagten ist Ziffer 4 des Dispositives des angefochtenen Entscheides aufzuheben (E. 5.3).
Der Entscheid enthält auch andere bemerkenswerte Erwägungen, so etwa die Begründung des Replikrechts der Staatsanwaltschaft:
Zwar verlangt Art. 233 StPO nicht ausdrücklich die Einholung einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft. Diese vertritt jedoch den Strafanspruch des Staates im Haupt- und Berufungsverfahren. Ausserdem muss das Haftprüfungsverfahren – gestützt auf Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK – schon deshalb kontradiktorisch (wie in den Verfahren nach Art. 228 und Art. 230 StPO) ausgestaltet sein, weil sonst die Gefahr bestünde, dass der Haftrichter selbst die Perspektive der Anklagebehörde einnehmen könnte (E 3.2).
Lesenswert ist auch die Feststellung, dass die Fristen des Gesetzgebers zu seien:
Dass die Verfahrensleitung des Berufungsgerichtes den Haftprüfungsentscheid innert fünf Tagen zu fällen hat, trägt dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO) stark Rechnung. Die Frist erscheint allerdings kurz, da innert fünf Tagen eine sorgfältige Prüfung der Haftvoraussetzungen in einem kontradiktorischen Verfahren zu erfolgen hat. Der Entscheid ist innert fünf Tagen seit Abschluss des Schriftenwechsels (Eingang einer allfälligen Replik der beschuldigten Person) zu fällen (analog Art. 228 Abs. 4 StPO; vgl. Forster, a.a.O., Art. 233N. 4, Fn. 21) [E. 3.2].
Das Bundesgericht begründet seine Auffassungen einmal mehr fast ausschliesslich mit wissenschaftlichen Publikationen desjenigen Gerichtsschreibers, der den Entscheid begründet hat. Ich warte gespannt darauf, dass ihm das Gericht einmal nicht folgen wird.