Zur Stoffgleichheit beim Betrug
Die Stoffgleichheit als Tatbestandselement des Betrugs weckt Erinnerungen an die Vorlesungen bei Arzt. In der Praxis trifft man sie kaum an. Staatsanwälte und Richter wundern sich, wenn ein Verteidiger damit argumentiert. Das Bundesgericht hat offenere Ohren (s. schon einen früheren Beitrag). Im hier zitierten Fall (BGer 6B_236/2009 vom 18.01.2010) verstehe ich allerdings das Argument schlicht und einfach nicht:
Vorliegend ist der Einwand der Beschwerdeführerin, es fehle an der Stoffgleichheit, berechtigt. Ihr wird zur Last gelegt, die C. Bank arglistig irregeführt und dadurch die Zahlung vom Konto des Geschädigten an die S. Ltd. veranlasst zu haben. Dadurch sei eine Schuld der R. Corp. gegenüber der S. Ltd. (teilweise) getilgt worden. Die Bereicherung wird gemäss Anklage und Vorinstanzen damit umschrieben, dass die der Beschwerdeführerin gehörende Gesellschaft P. Ltd. die Anwartschaften auf die Rechte am Ergebnis der Softwareentwicklung erhalten habe. Der Schaden bestehe somit in der ab dem Konto A_C. Bank ausbezahlten Summe, und die Bereicherung der P. Ltd. (und damit auch der Beschwerdeführerin) liege in den zukünftigen Immaterialgüterrechten. Damit mangelt es aber an der für die Bejahung des subjektiven Tatbestands des Betrugs notwendigen Stoffgleichheit (E. 4.4).
Hilfe! Wer versteht das?
Ist auch nicht zu verstehen. Denn richtigerweise manifestierte sich die Vermögensverschiebung in Form der Entreicherung der Geschädigten und der dadurch bewirkten (stoffgleichen) Ersparnisbereicherung der R.-Corp.:
Man kann sich das nur so vorstellen (der Sachverhalt ist leider zu knapp gehalten): Das Konto der Geschädigten wird durch die Beschwerdeführerin in der Höhe von GBP 67’500 belastet, um „die Kosten für die Entwicklung einer Software“ zu bezahlen, welche die R.-Corp. als Auftraggeberin der Entwicklerin S.-Ltd. schuldet.
Die Rechte am Ergebnis dieser Entwicklungsarbeit erhält am Ende (warum bleibt offen) die der Beschwerdeführerin gehörende P.-Ltd. In diesen Immaterialgüterrechten erblickt das BGer die (tatsächlich gegenüber der Kontobelastung nicht stoffgleiche) Bereicherung.
Damit ignoriert der Entscheid aber, dass die Bereicherung nicht erst bei der P.-Ltd., sondern bereits bei der R.-Corp. eintritt und zwar in Form einer klassischen Ersparnisbereicherung: Die R.-Corp. tilgt mit dem zugeflossenen Vermögen eine bestehende Schuld, tätigt also eine notwendige Ausgabe, ohne ihr bisheriges Vermögen vermindern zu müssen. Ihr eingespartes Vermögen ist nun aber mit dem bei der Geschädigten abgeflossenen Vermögen durchaus stoffgleich.
Dass am Ende die P.-Ltd. und nicht die R.-Corp. die Immaterialgüterrechte erwerben, und der R.-Corp. damit letztlich eine Vermögenseinbusse in Höhe der ursprünglichen Ersparnisbereicherung entstehen soll, beruht hingegen auf Interna zwischen R und P, die an der ursprünglichen Bereicherung nichts ändern.
Ist auch nicht zu verstehen. Denn richtigerweise endete die Vermögensverschiebung bereits bei der R.-Corp. – in Form einer (sehr wohl stoffgleichen) Ersparnisbereicherung!
Man kann sich das nur so vorstellen (der Sachverhalt ist leider zu knapp gehalten): Das Konto der Geschädigten wird durch die Beschwerdeführerin in der Höhe von GBP 67’500 belastet, um „die Kosten für die Entwicklung einer Software“ zu bezahlen, welche die R.-Corp. als Auftraggeberin der Entwicklerin S.-Ltd. schuldet.
Die Rechte am Ergebnis dieser Entwicklungsarbeit erhält am Ende (warum bleibt offen) die der Beschwerdeführerin gehörende P.-Ltd. In diesen Immaterialgüterrechten erblickt das BGer die (tatsächlich gegenüber der Kontobelastung nicht stoffgleiche) Bereicherung.
Damit ignoriert der Entscheid aber, dass die Bereicherung nicht erst bei der P.-Ltd., sondern bereits bei der R.-Corp. eintritt und zwar in Form einer klassischen Ersparnisbereicherung: Die R.-Corp. tilgt mit dem zugeflossenen Vermögen eine bestehende Schuld, tätigt also eine notwendige Ausgabe, ohne ihr bisheriges Vermögen vermindern zu müssen. Ihr eingespartes Vermögen ist nun aber mit dem bei der Geschädigten abgeflossenen Vermögen durchaus stoffgleich.
Dass am Ende die P.-Ltd. und nicht die R.-Corp. die Immaterialgüterrechte erwerben, und der R.-Corp. damit letztlich ein Vermögen in Höhe der ursprünglichen Ersparnisbereicherung entgehen soll, beruht hingegen auf Interna zwischen R und P, die an der ursprünglichen Bereicherung der R.-Corp. m.E. nichts ändern. Und sonst müsste das Bundesgericht diesen entscheidenden Punkt bitteschön ausführlicher erläutern…