Zur Verfassungsmässigkeit des “Deals” im Strafprozess

Das Bundesverfassungsgericht hat sich zur Frage der Verfassungsmässigkeit der Absprachen im deutschen Strafprozess geäussert und ist zu einem Urteil gelangt, das wohl niemanden so richtig zufriedenstellen kann. Während die angegriffenen Entscheidungen als verfassungswidrig qualifiziert wurden, hält die gesetzliche Regelung vor der Verfassung stand. Unzulässig sind hingegen informelle Absprachen.

Eine Zusammenfassung der Erwägungen kann der Pressemitteilung Nr. 17/2013 vom 19. März 2013 entnommen werden.

Das Urteil (BVerfG, 2 BvR 2628/10 vom 19.3.2013) enthält folgende Leitsätze:

1. Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen.

2. Verständigungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Hauptverhandlung, die dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze zusagen und eine Strafuntergrenze ankündigen, tragen das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber nicht schlechthin verwehrt, zur Verfahrensvereinfachung Verständigungen zuzulassen. Er muss jedoch zugleich durch hinreichende Vorkehrungen sicherstellen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt bleiben. Die Wirksamkeit der vorgesehenen Schutzmechanismen hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen. Ergibt sich, dass sie unvollständig oder ungeeignet sind, hat er insoweit nachzubessern und erforderlichenfalls seine Entscheidung für die Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen zu revidieren.

3. Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig.

4. Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig.

Das Ergebnis mag zu kritisieren sein, aber ein CH-Jurist kann ob solcher Gerichtsentscheidungen nur vor Neid erblassen (oder ausser sich vor Empörung mit dem Finger auf Ungarn zeigen, das die bei uns grundsätzlich verpönte Verfassungsgerichtsbarkeit jüngst eingeschränkt hat).