Zur Verwertbarkeit von Zeugenaussagen

Das Bundesgericht musste sich mit der umstrittenen Frage auseinandersetzen, ob Aussagen, die eine zeugnisverweigerungsberechtigte Person ohne entsprechende Rechtsbelehrung in einem Verwaltungsverfahren macht, im parallel geführten Strafverfahren verwertbar sind (BGer 6B_519/2011 vom 20.02.2012). Es beantwortet die Frage im Ergebnis nicht und belässt es bei der Feststellung, es sei jedenfalls nicht willkürlich, die Verwertbarkeit zu verneinen. Es weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es die Rechtslage unter der Schweizerischen Strafprozessordnung nicht prüfen musste:

Das Aussageverweigerungsrecht von Ehegatten ist in § 129 Ziff. 2 StPO/ZH geregelt. Zutreffend ist, dass sich diese Bestimmung explizit nur zum Aussageverweigerungsrecht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden äussert. Der Inhalt einer Rechtsnorm ergibt sich jedoch nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus deren Sinn und Zweck (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.3; 134 IV 297 E. 4.3.1 mit Hinweisen). Die Frage, ob und inwieweit ein Verwertungsverbot auch für Aussagen aus einem (parallelen) Verwaltungsverfahren gelten muss, wenn die betroffene Person nicht auf ihr Aussageverweigerungsrecht hingewiesen wurde, ist in der schweizerischen Lehre umstritten (vgl. für die Rechtslage unter der StPO: GUNHILD GODENZI, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2010, N. 39 zu Art. 158 StPO mit Hinweisen; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, N. 781 S. 325; DERS., Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 2 zu Art. 139 StPO und N. 17 zu Art. 159 StPO; SABINE GLESS, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 47 zu Art. 139 StPO; NIKLAUS RUCKSTUHL, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 36 zu Art. 158 StPO; vgl. zur Verwertbarkeit von mittelbaren Zeugnissen zudem NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2004, S. 216 FN 128). Auch wenn in dieser Hinsicht eine andere Auffassung ebenfalls vertretbar wäre, so erscheint der Standpunkt der Vorinstanz jedenfalls nicht als offensichtlich unhaltbar. Diese durfte die Aussagen von E. ohne Willkür für nicht verwertbar erklären.
Wie es sich damit unter der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Strafprozessordnung verhält, braucht nicht beantwortet zu werden. Ebenfalls nicht zu prüfen ist, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn es sich bei den Äusserungen der Ehefrau des Beschwerdegegners um eine spontane Denunzierung ihres Ehemannes gehandelt hätte.