Zur zulässigen Einwirkungsintensität des verdeckten Fahnder

Der Chat mit einem Mädchen, bei dem es sich in Tat und Wahrheit um einen verdeckten Fahnder handelte, wurde einem Beschuldigten zum Verhängnis, obwohl er angesichts des in Erfahrung gebrachten Schutzalters zunächst auf ein Treffen verzichten wollte (BGer 7B_247/2022 vom 12.09.2023). Von diesem Entschluss ist er aber – offenbar ohne Einwirkung des Fahnders – wieder abgerückt. Der verdeckte Fahnder hat dabei nicht übermässig auf den Beschuldigten eingewirkt:

In Einklang mit den Erwägungen der Vorinstanz ist im polizeilichen Verhalten im Vorfeld des Treffens vom 13. August 2019 keine übermässige Einwirkung im Sinne von Art. 293 Abs. 1 i.V.m. Art. 298c Abs. 2 StPO zu sehen. Zwar kam ein erstes Treffen vom 9. August 2019 aufgrund der Absage des Beschwerdeführers nicht zustande, weil er infolge des Alters von B. nicht mehr zu sexuellen Handlungen bereit war. Indessen schlug der Beschwerdeführer ohne Einfluss und unabhängig von den Ermittlungsbehörden unmittelbar danach um 10.01 Uhr, d.h. zur vereinbarten Zeit des Treffens, vor, sich dennoch zu treffen, ohne “etwas Erotisches” zu machen. Wenn er geltend macht, er sei nach seiner Absage um 09.34 Uhr auf eigenständige Initiative des verdeckten Fahnders hin kontaktiert worden, trifft dies nicht zu, noch rügt der Beschwerdeführer diesbezüglich hinreichend substanziiert Willkür betreffend den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt.  

Die auf die Absage des ersten sexuell motivierten Treffens und den neuen Vorschlag des Beschwerdeführers eines weiteren, “nicht erotischen” Treffens vom verdeckten Fahnder alias “B. ” um 10.58 Uhr gesendete Nachricht, sie habe sich vergebens zum Treffpunkt begeben und hätte zu Hause bleiben können, enthält zwar einen gewissen Vorwurf. Indessen lenkte der Fahnder das Thema damit nicht auf ein künftiges Treffen bzw. auf mögliche Straftaten, sondern er reagierte auf die Nachricht des Beschwerdeführers. Mit seiner Frage nach einer Erklärung für das fehlgeschlagene Treffen (vgl. Nachricht um 10.49 Uhr) hielt er die Kommunikation mit dem Beschwerdeführer aufrecht. Dieses Vorgehen des verdeckten Fahnders ist zulässig. Er musste nicht jeglichen Kontakt mit dem potentiellen Straftäter beenden, als dieser erklärte, keine sexuellen Handlungen mit einem ihm unbekannten 14-jährigen Mädchen ausführen, es aber trotzdem zum vereinbarten Zeitpunkt treffen zu wollen, zumal für ein solches umgehendes Treffen mangels näherer Bekanntschaft, des grossen Altersunterschieds und des damit einhergehenden Machtgefälles kein Grund bestand. Vielmehr durfte der Fahnder sich vom geltend gemachten Abstandswillen des Beschwerdeführers überzeugen und versuchen herauszufinden, was sich dieser unter einem Treffen “ohne erotische Handlungen” vorstellt (E. 4.2).