Zwangsarbeit auch im Alter

Ein Verwahrter, der über 65 Jahre als ist, hat bis vor Bundesgericht erfolglos versucht, sich von der Arbeitspflicht befreien zu lassen. Sein Anliegen, das auf den ersten Blick zumindest als nachvollziehbar erscheint, wurde von den kantonalen Instanz als erfolglos abgeschmettert. Das Bundesgericht erachtet dies als willkürlich, bestätigt in der Sache aber die Arbeitspflicht. Sein Urteil ist zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, obwohl es kaum oberflächlicher begründet sein könnte (BGE 6B_182/2013 vom 18.07.2013). Es hängt letztlich alles daran auf, dass die Arbeitspflicht legitimen Zwecken diene:

Während bei jüngeren Personen die Resozialisierung im Vordergrund steht, verschieben sich mit zunehmendem Alter der Insassen die Schwerpunkte, wobei schliesslich der besonderen Fürsorgepflicht und dem Entgegenwirkungsprinzip Vorrang zukommt. Bei älteren Gefangenen und Eingewiesenen dient die Arbeit dazu (E. 1.6).

Die Begründungsdichte des Entscheids kann mit folgenden Auszügen angedeutet werden. Das Bundesgericht selbst spricht von einer Begründung in “gebotener Kürze”:

 Im Sonderrechtsverhältnis des Straf- und Massnahmenvollzugs stellt sich die Frage der Befreiung von der Arbeitspflicht ab einem bestimmten Alter nicht (E. 1) [E. 2.1].

Während bei jüngeren Insassen die Resozialisierung im Vordergrund steht, sind bei älteren Personen in erster Linie Haftschäden zu vermeiden und der Alltag zu strukturieren (E. 1.6) [E. 2.3].

Er legt nicht dar, inwiefern seine Würde durch die Arbeitspflicht verletzt und der angebliche Eingriff unverhältnismässig sein soll (vgl. Art. 36 BV) [E. 2.4].

Die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates sind nicht in der Weise völkerrechtlich verbindlich, dass deren Missachtung für sich allein als Verstoss gegen verfassungsmässige Rechte der Bürger oder wegen Verletzung eines Staatsvertrages mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden könnte, und sie begründen insofern keine subjektiven Rechte und Pflichten (vgl.BGE 122 I 222 E. 2a/aa S. 226; 118 Ia 64 E. 2a S. 70; je mit Hinweisen). Dies gilt auch bezüglich der neuen Strafvollzugsgrundsätze des Ministerkomitees vom 11. Januar 2006 (Rec[2006]2; vgl. die gemeinsame Übersetzung für Deutschland, Österreich und die Schweiz, Mönchengladbach 2007; vgl. Urteil 1C_229/2008 vom 18. August 2008 E. 2.3) [E. 2.5].

Weil die Strafvollzugsgrundsätze keine subjektiven Rechte begründen, kann deren Verletzung nicht mit Beschwerde in Strafsachen angefochten werden [E. 2.5].

Die Arbeitspflicht ist geeignet, erforderlich und grundsätzlich zumutbar, um die im Alter überwiegenden Vollzugsgrundsätze (Anstaltsordnung, Vermeidung von Haftschäden, Strukturierung) zu gewährleisten (E. 1.6 und 1.8). Die vom Beschwerdeführer aufgezeigte Alternative zur Arbeitspflicht erscheint nicht geeignet, die angestrebten Ziele zu garantieren. Sie würde die ordnungsgemässe Anstaltsführung erschweren. Diese setzt unter anderem eine Strukturierung des Alltags der Insassen voraus. Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten müssten freiwillig sein, ansonsten sie einer (ebenfalls verpönten) Verpflichtung gleichkämen. Stellt man den Gefangenen frei, ob und wann sie an einem Beschäftigungsprogramm teilnehmen wollen, wäre es unmöglich, die Anstalt geordnet zu führen. Ebenso wenig könnten Haftschäden vermieden werden, da es ihnen frei stehen würde, den Tag in ihrem Zimmer zu verbringen, was zu einer Vereinsamung oder psychischen und physischen Degeneration führen könnte [E. 2.6.2, Hervorhebungen durch mich].

Der Verwahrung kann ein gewisser Strafcharakter nicht abgesprochen werden, weshalb das Rückwirkungsverbot zu beachten ist (vgl. BGE 134 IV 121 E. 3.3.3 S. 128 f.; vgl. Urteil M gegen Deutschland, a.a.O., § 146). Da die Arbeitspflicht der Erfüllung der Vollzugsgrundsätze dient, stellt sie keine (zusätzliche) Bestrafung dar (E. 1 und 2.6). Die Rüge ist unbegründet [E. 3.2].

Soweit die Theorie. Was ist, wenn sich der Beschwerdeführer jetzt einfach faktisch weigert zu arbeiten?