Zwangsarbeit für das Bundesstrafgericht

Die Bundesanwaltschaft hat in der Causa Behring einen Entscheid der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts erfolgreich angefochten (BGer 1B_274/2008 vom 27.01.2009). Damit hat die BA, deren Beschwerde sich übrigens auch die privaten Verfahrensbeteiligten angeschlossen haben, verhindert, dass der Entsiegelungsrichter die durchzuführende Triage an die Bundeskriminalpolizei delegiert. Die Beschwerdekammer scheint dabei aus den Augen verloren zu haben, was denn überhaupt der Sinn einer solchen Triage durch den Entsiegelungsrichter ist. Das Bundesgericht hilft auf die Sprünge:

Dabei hat der Entsiegelungsrichter die notwendigen Vorkehren zu treffen, um eine unzulässige bzw. verfrühte Einsicht in die fraglichen Daten und Dokumente durch Drittpersonen, insbesondere Ermittlungs- und Untersuchungsbeamte, zu vermeiden (BGE 132 IV 63 E. 4.2 S. 65 f., E. 4.6 S. 67 f.; Urteile 1B_200/2007 vom 15. Januar 2008 E. 2.6; 1S.5/2005 vom 6. September 2005 E. 7.6) (E. 6.5). 

Daraus schliesst das Bundesgericht auf ein Delegationsverbot und verpflichtet die Beschwerdekammer, die Triage höchstselbst durchzuführen:

Sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck von Art. 69 Abs. 3 BStP schliessen eine Delegation der Triage durch die BK an die BKP aus. Der wirksame Schutz wichtiger Geheimnisinteressen im strafprozessualen Entsiegelungsverfahren ist durch das Zwangsmassnahmengericht zu gewährleisten und kann nicht an eine Ermittlungs- oder Untersuchungsbehörde übertragen werden. Der Entsiegelungsrichter kann zwar nötigenfalls – etwa zur Systematisierung und Sichtung grosser Datenmengen – geeignete technische Hilfsmittel, Experten und Hilfspersonen beiziehen. Die Triage und allfällige Aussonderung von geheimnisgeschützten Daten im Entsiegelungsverfahren muss das zuständige Zwangsmassnahmengericht jedoch selbstverantwortlich wahrnehmen. Falls die BK spezialisierte Fachpersonen der BKP als technische Experten beiziehen möchte, müsste das Zwangsmassnahmengericht (nach der dargelegten Praxis des Bundesgerichtes) besondere Sorgfalt darauf verwenden, dass Angehörige der BKP keine unzulässige Einsicht in geheimnisgeschützte Daten erhalten (E. 7).

In der Konsequenz heisst das m.E. nichts anderes, als dass Fachpersonen, die einer Strafverfolgungsbehörden angehören, in einem Entsiegelungsverfahren nichts zu tun haben.

Was mir nicht klar ist, ist allerdings die Motivation der Bundesanwaltschaft, einen für sie an sich günstigen Entscheid anzufechten. Auf die Schnelle  fallen mir nur folgende Varianten ein:

  1. Die BA hat sich auf ihre Funktion als Hüterin des Rechtsstaats besonnen.
  2. Die BA hat den Entscheid der Beschwerdekammer aus Prinzip angefochten.
  3. Die BA traut der Bundeskriminalpolizei nicht.

Indizien, die auf die Varianten 2 und 3 schliessen lassen, finden sich hier. Für Variante 1 habe ich kein Indiz gefunden.