Zweierbande ist und bleibt Bande
In einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Urteil bestätigt das Bundesgericht seine oft kritisierte Rechtsprechung, wonach eine Bande auch aus nur zwei Mitgliedern bestehen kann (BGE 6B_693/2008 vom 28.05.2009). Die Begründung wird die wohl herrschende Lehre, die zusammen mit einem beträchtlichen Teil der kantonalen Rechtsprechung von mindestens drei Mitgliedern ausgeht, mit Sicherheit nicht zum Verstummen bringen. Hier die wesentlichen Stellen der Urteilsbegründung (Erwägung 3):
Die Vorinstanz stellt diese Rechtsprechung insbesondere unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Deutschen Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00) und die Kritik in der Schweizer Lehre in Frage.
3.1 Sie macht geltend, die besondere Gefährlichkeit einer Bande liege doch in der Absicht der Beteiligten, künftig eine Mehrzahl von Delikten zu begehen, was die Mitglieder gegenseitig psychisch stärke und den Ausstieg aus der deliktischen Tätigkeit aufgrund des Gruppendrucks erschwere. Bei zwei Personen sei dieser Druck nicht derart gross, stehe doch jeweils ein Wille bzw. eine Meinung nur einem anderen Willen gegenüber. So sei der Ausstieg aus der Delinquenz bei einem Zweierteam deutlich einfacher, als wenn ein Täter seinen Willen gegenüber einer Mehrzahl von Personen und somit einer Stimmenmehrheit durchzusetzen habe. Bei einem Zweierteam seien der Gruppendruck und die psychische Stärkung nicht genügend ausgeprägt.
Diese Auffassung ist insoweit zutreffend, als der Gruppendruck und die gegenseitige psychische Stärkung in der Regel bei mehr als zwei Tätern höher sein wird. Umgekehrt wird es aber auch immer wieder vorkommen, dass dieser Druck und die psychische Stärkung bei zwei Tätern, die sich z.B. freundschaftlich oder familiär besonders verbunden sind, grösser sein wird als bei einem Trio ohne besonderen Zusammenhalt. Einzuräumen ist, dass es im Einzelfall schwierig sein kann, solche graduelle Unterschiede festzustellen. Das Anheben der Mindestzahl auf drei Täter wäre aber insoweit bloss eine Scheinlösung, als bei drei und mehr Tätern dieselben Schwierigkeiten auftreten können. Auch hier wird nicht immer klar sein, ob sich die Täter zusammenfanden, um künftig eine Mehrzahl von Delikten zu begehen.
3.2 Die Vorinstanz hält ferner dafür, dass bei einer Zweierbande das Mindestmass an Organisation und Zusammenarbeit als Abgrenzungskriterium ungeeignet sei, weil bei zwei Tatbeteiligten weniger Organisation und Absprachen nötig seien als bei einer Vielzahl Beteiligter. Anderseits werde die Zusammenarbeit von zwei Tätern wohl stets intensiver sein als bei mehreren und die Annahme eines stabilen Teams liege bei zwei gemeinsamen Tätern näher. Je mehr Personen beteiligt seien, umso mehr Organisation und Absprachen seien erforderlich.
Dass sich Organisation und Absprachen bei zwei Tatbeteiligten in der Regel einfacher gestalten als bei einer Vielzahl von Tätern, ist unbestritten. Doch ist dies nicht der entscheidende Punkt. Von Bedeutung ist vielmehr, dass auch bei nur zwei Tätern von einem fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann, was über die Mittäterschaft hinausgeht. Dass es im Einzelfall schwierig ist, derartige Feststellungen zu treffen, liegt auf der Hand. Doch liefern gerade Absprachen und auch gewisse Mindestansätze einer Organisation (z.B. einer Rollen- oder Arbeitsteilung) Hinweise dazu.
3.3 Unter Bezugnahme auf die Schweizer Lehre (NIGGLI/RIEDO, a.a.O.) erwägt die Vorinstanz, da man nicht Mitglied eines Paares oder eines Duos sein könne, müssten bereits nach dem Gesetzeswortlaut, wo von “Mitglied einer Bande” die Rede ist, zwingend mindestens drei Personen beteiligt sein. Auch die Etymologie des Wortes, welches vom französischen Wort “bande” (Truppe, Schar) komme, weise auf einen Zusammenschluss von drei Personen hin.
Zur Etymologie des Wortes stellt die Beschwerdeführerin berechtigterweise die Frage, ob drei Mitglieder tatsächlich ausreichten, um eine Bande im gebräuchlichen Wortsinn zu bilden. Denn selbst bei dreien kann wohl kaum schon von einer Truppe, Schar, Rotte, Horde oder Meute gesprochen werden. Das Deutsche Strafgesetzbuch benutzt mit den Worten “als Mitglied einer Bande” in § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB dieselbe Wortwahl wie das Schweizerische. Der erwähnte Beschluss des Bundesgerichtshofs änderte die deutsche Rechtsprechung. Seither bedarf es für die Annahme der Bandenmässigkeit des Zusammenwirkens von nicht bloss zwei, sondern mindestens drei Personen. Im selben Beschluss wird aber ausdrücklich festgehalten: “Der Wortlaut des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB und der Wortlaut der übrigen Tatbestände der Bandendelikte lassen sowohl die Annahme einer aus zwei Personen bestehenden Bande als auch die Anhebung der Mindestzahl der Bandenmitglieder auf drei Personen zu” (Rz. 28).
Im Übrigen kann darauf hingewiesen werden, dass der Begriff “Zweierbande” im deutschen Sprachgebrauch immerhin vorkommt. So findet sich z.B. in der Datenbank der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. (IJAB) folgender Satz: “Meistens wurden die Straftaten in der Gruppe begangen, am häufigsten in Zweierbanden” (Ziff. 2.1.3). Der Diebstahl als Mitglied einer Bande untersteht einer erhöhten Mindeststrafdrohung, weil darin eine besondere Gefährlichkeit liegt (E. 2). Um den Wortsinn zu ergründen, muss demnach ausschlaggebend sein, ob diese Gefährlichkeit bereits beim Zusammenschluss zweier Täter gegeben sein kann. Dies ist zu bejahen (E. 3.1 und 3.2).