„reformatio in peius“ nur nach Voranmeldung
Das Bundesgericht kassiert ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, das den Beschwerdeführer in einem Punkt verurteilt hatte, von dem er erstinstanzlich noch freigesprochen worden war (BGer 6B_999/2008 vom 10.06.2009). Diese reformatio in peius prüft das Bundesgericht mit Willkürkognition und schützt sie:
Die Vorinstanz handelt nicht schlechterdings unvertretbar, wenn sie unter Berücksichtigung des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs der Vorwürfe auch den Freispruch überprüft. Eine willkürliche Anwendung von § 70 StPO/ZG ist damit nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen ist (E. 2.4).
Hingegen erkannte das Bundesgericht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs:
Der Beschwerdeführer bringt zu Recht vor, dass ihn die Vorinstanz vor der Ausfällung ihres Urteils nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie den Freispruch der ersten Instanz überprüft und womöglich einen weiteren Schuldspruch zu seinen Ungunsten fällt, welcher sich in einer höheren Strafe niederschlägt. Auch wenn eine reformatio in peius nach kantonalem Prozessrecht grundsätzlich zulässig ist, so ist der Beschwerte von derjenigen Instanz, welche die Verschlechterung zu seinen Lasten prüft, vorgängig darauf aufmerksam zu machen. Der Beschwerdeführer ist nicht gehalten, zu Themen Ausführungen zu machen, welche für ihn, soweit er dies erkennen kann, nicht mehr Prozessgegenstand sind. Die Vorinstanz hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt. Das Urteil ist demzufolge aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen (E. 3.4).
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführer nicht freuen. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, was zur neuerlichen reformatio in peius führen wird, die das Bundesgericht ja im Ergebnis sanktioniert hat.
Dass das (angeblich nicht in der Verfassung verankerte) Verbot der reformatio in peius weiterhin umgangen werden kann, erscheint als wenig überzeugend. Es könnte nun wirklich ohne Not aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren abgeleitet werden.
Wenn das Bundesgericht dann aber schon so entscheidet, verstehe ich die Gutheissung der Beschwerde nicht. Der Beschwerdeführer war doch vertreten. Musste er nicht wissen, dass die reformatio in seinem Kanton im Gesetz vorgesehen ist?